
Fidel & Lydias Garten Eden
- TEXT JOHANNES RIFFELMACHER, THOMAS KOSIKOWSKI
- ILLUSTRATION JANA FEDEROV
Oaxaca kann man getrost als den Mittelpunkt der mexikanischen Food-Szene bezeichnen. In kaum einer anderen Gegend findet man ein so reichhaltiges Angebot an frischen und seltenen Zutaten. Viele traditionelle Gerichte der Region stammen noch aus der Vorkolonialzeit, als die Mayas in der Gegend herrschten.
An den Wochenenden kommen die Bauern aus den umliegenden Dörfern und bieten ihre in mühsamer Handarbeit gezogenen Erzeugnisse auf Oaxacas Märkten an. Während unseres Streifzugs über den kleinen Markt Sanchez Pascua lernen wir Fidel und Lydia kennen. Sie verkaufen an einem kleinen Stand frisches Gemüse – in den sattesten Farben, die man sich vorstellen kann. Wir plaudern ein wenig. Die beiden erzählen, dass sie in San Pedro Tidaá wohnen, einem kleinen Dorf im tiefsten Oaxaca. Auf einem kleinen Feld bauen sie dort mit viel Liebe saisonales Gemüse an, kaum gesehene Kräuter und Salate. Mit glänzenden Augen fragen wir den beiden so lange Löcher in den Bauch, bis sie uns schließlich einladen, ihrem kleinen Reich einen Besuch abzustatten.
Das lassen wir uns nicht zweimal sagen und springen nach Verkaufsschluss mit auf den Bauerntruck. Wir sind die ersten ausländischen Gäste, die ihr Heimatdorf in den letzten 60 Jahren gesehen hat.
#cool! Wir fahren länger als gedacht, nach fast zwei Stunden erreichen wir das verschlafene Dorf. Das Feld der beiden ist klein, es liegt im Schatten einiger Eschen. Sie haben sich aus Planen und Holzpfählen zwei Überdachungen gebaut, in denen verschiedene Salat-, Spinat- und Kohlsorten gedeihen.
Draußen neben den Gewächszelten wachsen die beiden Stars des Feldes: Mangold in grellgelb und feuerrot. Zwei Sorten, die wir noch nie zuvor gesehen haben. Kohl hat jetzt Saison, Fidel präsentiert uns stolz seine sechs verschiedenen Sorten, sie protzen mit violetten Fasern und satten, grünblauen Blättern.
Auf der Führung über seine Parzellen zeigt er uns außerdem Zitronengras, alte Rucola-Sorten, eine milde Löwenzahnart und Mikro-Cherrytomaten. Wir kaufen einen Korb voll mit allem, was gerade Saison hat, und freuen uns wie Kinder an Weihnachten.
Lydias und Fidels natürliche Einstellung zur Landwirtschaft beeindruckt uns sehr. Von Profitoptimierung, Industrialisierung und maschineller Hilfe halten die beiden nichts. Stattdessen reden sie von den vielen Würmern und Tierchen, die in der Erde leben und beim Anbau helfen – man darf sie nicht vergiften! Sie sprechen vom ökologischen Gleichgewicht. Und davon, wie wichtig es ist, den Boden möglichst nachhaltig zu bewirtschaften. Im tiefsten Mexiko muss man nicht erst am Rande des Abgrundes stehen, um zu kapieren, wie wichtig es ist, seine Ressourcen zu respektieren und zu schützen. Hut ab!
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